„Eigene Prognosen machen keinen Sinn!“ - Tipps für Bergsportler vom Wetterexperten Dr. Karl Gabl

Foto Petra Rapp
Die Huber-Brüder, Gerlinde Kaltenbrunner und ihr Mann Ralf Dujimovits, David Lama oder der deutsche Alpinist David Göttler (35) aus Starnberg, der derzeit mit dem Italiener Simone Moro als erster Deutscher am Nanga Parbat versucht, einen Achttausender im Winter zu besteigen – sie und viele andere Profialpinisten vertrauen vor und während ihrer Expeditionen auf die Informationen und den Rat des Innsbrucker Wetterexperten Dr. Karl Gabl. „Wetterpapst Charly“, wie Gabl von vielen genannt wird, ist auch Initiator des Alpenverein-Wetterdienstes und offiziell eigentlich in Ruhestand, doch jemand mit seinem enormen Fachwissen lässt man nicht los. So eilt er derzeit, wenn er nicht gerade weiter die Bergprofis berät, von Vortrag zu Vortrag. Und: „Der Bruckmann-Verlag hat mich gezwungen, vor kurzem ein Buch zu schreiben“, meint er augenzwinkernd. Herausgekommen ist „Bergwetter“, ein wichtiges Buch, in dem Gabl viele Informationen und Tipps zu Wetterbeobachtung und zur richtigen Tourenplanung gibt. Damit können jetzt auch alle Hobbyalpinisten von seinem großen Wissensschatz und seinen Erfahrungswerten profitieren. 

 Karl Gabl, Foto Bruckmann Verlag 
Auch, wenn die Ausrüstung heute wesentlich besser ist als früher, der Erfolg am Berg ist laut Gabl immer auch eine Wetterstrategie. Nebel, Schneesturm, ein Kältesturz oder Gewitter am Berg bergen Gefahren, die man meiden muss und heute auch weitgehend meiden kann. Mit einer Tourenplanung, die mit einer ausführlichen Information über das Wetter beginnt. Die sollten sich die Bergsportler unbedingt bei professionellen Meteorologen einholen. „Eigene Prognosen machen keinen Sinn. Wetterprognosen sind durch den Fortschritt in der theoretischen Meteorologie extrem gut geworden. Eventuell verschiebt sich das Vorhergesagte zeitlich um ein paar Stunden, aber in der Regel stimmen die Vorhersagen sehr genau. Ein kleines Restrisiko bleibt bei einer Prognose zwar immer, aber völlig überraschende Wetterstürze gibt es so gut wie nicht mehr“, erklärt Gabl der tz. 

Foto: Petra Rapp
Die Informationsmöglichkeiten zum Wetter sind im Netz immens. Je besser man sich informiert, umso sicherer ist man. Aber: „Man darf nicht alle Informationen, die es inzwischen gibt, lesen. Sonst kommt man vor lauter Lesen nie auf Tour“, sagt Gabl, selbst Berg- und Skiführer. Der Umfang der benötigen Informationen ist vom Tourenziel abhängig. Für eine kurze Wanderung reicht oft der Blick zum Himmel, doch schon bei Tagestouren braucht man Prognosen mit tageszeitlich und örtlich genauer Auflösung. Hier lohnt sich bei unsicheren, schwierigen Bedingungen zusätzlich die persönliche, telefonische Beratung durch einen Meteorologen vor Ort, um zu entscheiden, ob sich der Weg dorthin auch wirklich lohnt.

„Das Wetter ist ein sehr komplexes Thema und ich habe selbst vor vielen Jahren als Bergsteiger erlebt, in welch‘ gefährliche Situationen man durch schlechte Vorhersagen kommen kann. Ich will mit meiner Arbeit, mit diesem Buch allen Bergsteigern, Tourengehern und Wanderern ein Grundwissen vermitteln, sie dazu anregen, sich vor einer Tour über das Wetter Gedanken zu machen und ihnen Hilfestellungen für die richtige Planung geben. Damit jeder beim richtigen Wetter und zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist“, sagt Gabl. Petra Rapp



Buchtipp: 


Karl Gabl: Bergwetter. Praxiswissen vom Profi zu Wetterbeobachtung und Tourenplanung, ISBN 978-3-7654-5875-0, € 19,99, Bruckmann Verlag, www.bruckmann.de





Die wichtigsten Wetter-Tipps von Karl Gabl:

  1. Vor der Tour: Professionelle Wetterprognose (siehe Linkliste) mit Angaben über Niederschlags-, Wind- und Temperaturverhältnisse sowie über die Lawinenlage einholen. Am brauchbarsten sind normalerweise jene Wetterberichte von amtlichen oder privaten Stellen, die der Vorhersageregion am nächsten liegen. Wichtig zu wissen: Woher kommt das Wetter? Gibt es markante Wetterausprägungen im geplanten Tourengebiet? Wie entwickelt es sich im Laufe des Tages, wie längerfristig bei mehrtägigen Unternehmungen? Handyapplikationen von Auskunftsdiensten für eine rasche Abfrage vor Ort einrichten.
  2. Tourenplanung nach Prognose: Das Tourenziel dann so wählen, dass es der Wetterprognose und Lawinensituation angepasst ist. Mit einer guten Information lassen sich viele unnötige Kilometer Anfahrt sparen und Gefahren meiden.
  3. Richtiges Verhalten auf der Tour: Damit niemand von einem Wettersturz überrascht wird, sollten bei kurzfristig vorhergesagten Wetterumschwüngen die Touren dem technischen und konditionellen Leistungsvermögen entsprechend angepasst werden. Im Gelände Rückzugs-, und Abstiegsmöglichkeiten vorsehen. Genügend großes Zeitpolster und kürzere Tour wählen, im Herbst/Winter kürzere Tageslänge beachten. Während der Tour die Wetterprognose immer wieder überprüfen und Wolkenhimmel und Windverhältnisse beobachten.
  4. Bei Gewittergefahr: Wer sich bei Gewittergefahr trotzdem hinaus wagt, sollte unbedingt ein Tourenziel mit Abbruchmöglichkeit wählen, keine langen Gratwanderungen oder Klettereien, vor dem Aufbruch Unterstandsmöglichkeiten oder Rückzugsmöglichkeiten erkunden. Ausrüstung anpassen (Biwaksack, Notfallausrüstung, warme Kleidung etc.).