Einfach mal abheben - Ballonfahren in den Alpen hat seinen ganz besonderen Reiz

Nein, es ist nicht wie im Flugzeug, wo die Anschubkraft einen in den Sessel und auf den Magen drückt und der Lärm der Triebwerke die Trommelfelle reizt. Im Gegenteil, es geht sehr still und leise vor sich. Erst, als der Blick über den Korbrand hinaus und hinunter geht, merkt man, dass man schon in der Luft schwebt. Dennoch ein mulmiges Gefühl für jemanden, der eigentlich lieber festen Boden unter den Füßen hat. Beruhigend: Günter, der Pilot, strahlt große Routine aus. Wie auch seine drei Helfer, die mit ihm den riesigen Ballon mit seinem Volumen von 3000 Kubikmetern in doch mühevoller Kleinarbeit frühmorgens aufgebaut haben. Zwei von ihnen sind mit im Korb, der dritte fährt das Begleitfahrzeug und holt die Besatzung dann später dort wieder ab, wo immer sie auch landen werden. 

Die Begeisterung wächst mit jedem Höhenmeter. Die Langläufer auf der Loipe werden immer mehr zu imaginären Punkten, der Ausblick im weiter aufsteigenden Ballon immer spektakulärer. Das imposante Kaisergebirge im Süden, wo dahinter in der ferneren Alpenkette der Föhn noch bestes Wetter verspricht. Im Westen der Walchsee, wo sich am Himmel schon eine Schlechtwetterfront ankündigt, im Norden in der Ferne der Chiemsee. 

Ein Weitblick mit Seelentiefgang, eine Ruhe hier oben, die den Ballast des Alltags unten vergessen lässt. Auch Günter spricht nicht viel, beobachtet nur immer wieder den Horizont, die Bäume und kontrolliert den Höhenmesser. Er schaut, wohin der Wind seinen wie auch die anderen 52 Heißluftballone verschlägt, die mit ihm an dieser 13. Kaiserwinkl-Alpinballooning-Woche teilnehmen.
Heute sind sie auf einer sogenannten „Fuchsjagd“ unterwegs. Nach einer gemeinsamen Piloteneinweisung samt professionellem Wetterbriefing startet einer der Ballone als verdeckter Fuchs und markiert an seinem Landeplatz einen Zielkreis. Wer diesem dann am nächsten kommt, gewinnt einen Sachpreis.

Günter und seine Crew interessiert das heute nicht allzu sehr. „Ich genieße die Fahrt lieber so“, sagt er und dreht den Gashahn wieder auf. Wann weiß er, wann er nachheizen muss? „Wenn ich sehe, dass wir hier noch über diesen Bergkamm müssen, um einen möglichst guten Landeplatz zu erreichen, muss ich mehr Gas geben, damit wir an Höhe gewinnen.“ Ob er schon mal brenzlige Situationen erlebt hat? „Eigentlich nicht. Ein Ballon ist durch die große Masse sehr träge, er fällt deshalb nicht schneller wie ein Fallschirmspringer, wenn man beispielsweise auf 2000 Metern Höhe nicht mehr heizen kann, weil einem das Gas ausgegangen ist. Von daher kann nicht viel passieren. Die Landung ist das einzige, wo es bei einer Ballonfahrt eventuell etwas heikel werden könnte“, meint er und gibt entsprechende Verhaltensrichtlinien für dieselbe. 

Derr Wind hat den Ballon inzwischen westlich in ein Seitental getragen, wo zuerst die Baumwipfel, dann die Hausdächer dem Korb bedenklich nahe kommen. Die Bewohner der wenigen Häuser eilen heraus und beobachten die Szenerie gespannt. Dann kommt doch noch ein kleiner Aufwind und Günter landet gekonnt auf einer kleinen, freistehenden Wiese. 

Eine Bilderbuchlandung, von der nur eine kleine Schleifspur im Schnee zeugt. Fast schon ein bisschen zu unspektakulär für dieses grandios-luftige Erlebnis, bei dem die Ballonfahrt-Neulinge anschließend noch standesgemäß per Taufe in den Adelsstand der Ballonfahrer erhoben werden. Petra Rapp


 


Tipps und Infos rund um das Ballonfahren:

Infos zum Ballonfahren im Tiroler Kaiserwinkl: Tourismusverband Kaiserwinkl, Telefon *43 (0) 501 100, info@kaiserwinkl.com, www.kaiserwinkl.com
ballooning tyrol gesmbh. – Telefon +43 5252/65666 – mobil +43 664/3420115, 0664/5050571, office@ballooningtyrol.com, www.ballooningtyrol.com
Wer darüber hinaus mehr über die Geschichte des Ballonfahrens wissen oder erfahren will, warum ein Ballon fährt und nicht fliegt oder weitere Anbieter im ganzen Alpenraum sucht, findet hier ein interessantes Portal: www.ballonfahrt-online.com

Der Mensch ist nur ein „kleines Wutzerl“


Im Interview: Irmgard Moser aus Kössen im Tiroler Kaiserwinkl. Sie ist die einzige weibliche Alpenpilotin Österreichs. 

Wie sind Sie zum Ballonfahren gekommen?
Moser: Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich habe Walter Seibl, unseren Geschäftsführer (ballooning tyrol, www.ballooningtyrol.com), kennengelernt. Er hat mich mitfahren lassen und gemeint, ich hätte ein Händchen für diesen Sport. Er fragte mich, ob ich nicht den Pilotenschein machen will. Das habe ich dann gemacht.
Wie viele Stunden waren Sie seither in der Luft?
Moser: Den Schein habe ich jetzt seit 14 Jahren und war seither 1300 Stunden in der Luft.
Was fasziniert Sie am Ballonfahren?
Moser: Einmal natürlich das unbeschreibliche Gefühl „Herrin der Lüfte“ zu sein. Aber dann ist es auch immer wieder spannend zu sehen, was der Mensch im Vergleich zur Natur doch für ein „kleines Wutzerl“ ist. Beim Ballonfahren spürst du immer wieder, welche Macht die Natur über einen hat. Ich bin mit dem Ballon völlig dem Wind ausgeliefert und ich kann nur das machen, was er mit uns vorhat.
Nehmen Sie auch an Wettkämpfen teil?
Moser: Ich bin eher der Passagierfahrer, fahre aber schon auch mal bei kleinere Meetings und Meisterschaften mit.
Wie hat sich das Ballonfahren verändert in den letzten Jahren?
Moser: Dank moderner Technik sind vor allem die Wettervorhersagen wesentlich besser geworden. Gerade bei uns in den Bergen ist das sehr wichtig. Hier ändert sich das alles schon sehr schnell und man muss selbst auch den Himmel und die Wolken während der Fahrt immer gut beobachten.
Wie sieht es mit dem Pilotennachwuchs aus?
Moser: Bei uns in Österreich leider sehr schlecht. Wir haben nur zwei bis drei neue Piloten pro Jahr. Es ist schon ein sehr aufwendiger Sport, wo man viel Geduld braucht. Das haben nicht mehr viele.
Mussten Sie sich als Frau die Anerkennung, das Vertrauen in der Szene, bei den Gästen erarbeiten?
Moser: Bei den Gästen eigentlich nicht. Da ist es sogar so, dass Ängstliche manchmal eher froh sind, wenn ich auftauche. Frauen fahren doch eher defensiver wie viele Männer. Unter den Piloten musste ich mir meine Position allerdings schon mit viel Fleiß und Anerkennung erarbeiten. Da gab es anfangs schon des Öfteren dumme Sprüche. Aber das ist jetzt vorbei.