Bertl Rahm: „Läufer“ in der legendären Amateurliga-Mannschaft des TUS Raubling und Sportler der Extraklasse

Über 3000 Zuschauer waren dabei, als die Fußballmannschaft des TUS Raubling 1954 im Inntalstadion im Spiel gegen Sendling den Aufstieg in die erste Amateurliga, der damals höchsten Liga Bayerns, feiern konnte. Ein Sieg, der den Fußball in Raubling über Jahrzehnte prägen sollte. Bertl Rahm (Jahrgang 1924) war damals „rechter Läufer“ in der Mannschaft, wie die Position im Mittelfeld genannt wurde. „Ich war keiner der ganz großen Spieler, das waren beispielsweise Karl Strasser oder Georg Kumpfmüller, die auch in der süddeutschen Auswahl gespielt haben“, betont er in seiner ruhigen, bescheidenen Art. Doch seine Pässe, mit denen er Karl Strasser im Sturm bediente, sein Laufstil und seine Übersicht auf dem Platz gelten heute noch als legendär in Raubling: Er war der „Beckenbauer der 50er“ im Inntal – und das, obwohl er durch eine Kriegsverletzung auf einem Auge nahezu blind ist.

Die legendäre Amateurliga-Mannschaft des TUS Raubling

Herbert Konrad (links), Bertl Rahm
Ein Allroundsportler der Extraklasse

Doch Fußball hat ihm nie die ganze Welt bedeutet. Bertl Rahm, der Autodidakt, war immer ein Allroundsportler, ein wahrlich begnadeter. Er kam von der Leichtathletik, war dort ein guter Hochspringer und glänzte nach seiner Fußballkarriere auf dem Tennisplatz mit seiner eleganten wie erfolgreichen Spielweise. Tennis begleitete ihn fast sein ganzes Leben wie auch seine große Liebe zum Bergsport.

Es gibt kaum einen Gipfel in den Alpen, den er nicht bestiegen hat: als 18jähriger allein auf einem Schweizer Gletscher, hinauf auf das Matterhorn, den Mont Blanc oder „schnell mal“ allein mit Ski auf den Großglockner. Meist war er aber mit seinen Freunden Herbert Konrad und Ludwig Joas unterwegs. Unzählige Male mit dem Radl zum Klettern in den Wilden Kaiser, wo sie regelmäßig mit ihren Hanfseilen im höchsten Schwierigkeitsgrad die Wände hinaufgekraxelt sind.

„Wir haben da schon immer sehr viel Glück gehabt. Ich habe eigentlich nie eine wirklich kritische Situation miterlebt“, sagt Rahm, der 46 Jahre in der Raublinger Papierfabrik zuerst als Schlosser, dann als Industriemeister und Betriebsleiter im Kraftwerk gearbeitet hat.

Leidenschaft Berg und Ski - auch mit knapp 91 Jahren noch

Kritisch war es dann öfter mit seinen Fußballtrainern, die das nicht so gut fanden, wenn Bertl Rahm am Vormittag noch schnell beim Klettern oder am Wendelstein beim Skifahren war, obwohl er am Nachmittag ein Fußballspiel hatte. „Darauf hätte ich nie verzichtet“, sagt der Raublinger, der einmal das legendäre „Goldenen Pfeil“-Rennen am Wendelstein gewinnen konnte.

Beim Thema Skifahren glänzen seine Augen auch heute noch. Im letzten Winter, mit 90 Jahren, ist er noch zweimal in Kitzbühel Ski gefahren. „Jetzt lass‘ ich es vernünftigerweise“, sagt er mit Wehmut. Felix Neureuther, Roger Federer, sein Lieblingsverein FC Bayern, welches Thema man auch anschneidet, Bertl Rahm ist auf dem Laufenden in der Sportwelt. Am 30. Dezember wird er 91. Was er noch gerne machen würde? „Einmal in die Allianz-Arena zu einem Bundesligaspiel der Bayern wäre mal was“, meint er. Da war er noch nie. Und da ist es dann doch wieder, das Fußballerherz. Petra Rapp